SINGEN IM OBERTONCHOR (2000 -2004)
Mit großer Freude habe ich im Flensburger Obertonchor ObertonArt gesungen. Es war ein langgehegter Wunsch, dieses zu lernen; jedoch gab es diese Lehrer und Chöre immer nur in sehr großer Entfernung. Dieses hatte sich im September 2000 geändert, als mit Thomas Heinrich Schmöckel ein Obertonsänger nach Flensburg zog und den Obertonchor gründete.
Obertöne, wird sich mancher fragen, was ist denn das???
Als Beispiel findet ihr ein von mir erstelltes YouTube-Video vom Obertonchor, (Link im Text), in dem Bilder von ChorWochenenden in der Natur und in Ungarn zu sehen sind, unterlegt mit dem 1. Stück von der CD „StimmWechsel“..
Obertonsingen ist immer wieder neu, immer wieder anders; das Tönen und das Lauschen im Chor einfach unbeschreiblich.
Hört es Euch an, probiert es selbst aus ….
Von ObertonArt gibt es eine CD,
Außerdem wirkt der Chor auf der CD „ExTension“ von Thomas H. Schmöckel mit:
Die CDs können bei mir (bwiso at gmx.de) bestellt werden. Der Erlös dient dem Friedens-Pilger-Projekt von Thomas Heinrich Schmöckel.
Als der Obertonchor sich gründete, interessierte sich das Flensburger Tageblatt für die Arbeit. Hier eine Abschrift eines Zeitungsartikels (Flensburger Tageblatt, Anette Asmussen, vom 12. Dezember 2000)
Klänge aus dem inneren Räumen des Körpers
“Obertöne sind keine Besonderheit” erklärt Thomas Schmöckel. “Sie umgeben uns überall als natürliche Begleiter für jeden Klang”. Schmöckel hat in Flensburg den ersten Obertonchor gegründet. Wir horchten in eine Probe hinein – und haben sie gehört, die Obertöne, die “Supersounds”
Im Kairos (Anm.: = Seminarzentrum, in dem der Chor probt) stürmt es. Laute Atemgeräusche dringen aus dem “Klangraum” des alten Hauses. Zwischen gelb gestrichenen Wänden sitzen vier Frauen und zwei Männer in einem Kreis aus Fellen und bunten Kissen auf dem hellen Fußboden. Sie haben die Augen geschlossen. In sich gekehrt sitzen sie da, die Hände auf die Oberschenkel gelegt. Mit tiefen Stößen machen sie ihren Lungen Luft. Durch den Raum strömt ein Geruch nach feuchtem Laub und Wolle. Als das zischende Atmen leiser wird, dringt näselnder Gesang aus ihren Kehlen. Gleich dem Klang eines australischen Didgeridoo füllt er den Raum, ein vibrierender Teppich menschlicher Stimmen, auf dem geisterhaft – wie das Pfeifen wirbelnder Plastikrohre – ein heller Ton zu tanzen scheint.
Das sind die Obertöne. Thomas Heinrich Schmöckel kennt diese besonderen Klänge schon lange. Der 38-jährige Musiker beschreibt: “Obertöne hören sich an wie sehr hohe Flöten- oder Keyboardtöne”. Vor zwölf Jahren haben sie den Mann mit dem blonden Pferdeschwanz verzaubert. Seitdem singt und musiziert er mit ihnen, experimentiert, nimmt CDs auf und gibt Konzerte. Schmöckel will sein Wissen weitergeben. Als Seminarleiter arbeitet er daran, die Obertöne bekannter zu machen. Nicht nur als Musikform, auch als Medizin. “Denn Obertöne haben heilende Wirkung”, sagt er.
Wer zu Schmöckel kommt, braucht keine Vorkenntnisse. Er muss nicht einmal ein besonderes musikalisches Talent mitbringen. “Ich freu’ mich über jeden mutigen Menschen, der das Wagnis eingeht, mit seine Stimme zu experimentieren”, sagt er.
Christel, Michael, Gita, Barbara und Birgit haben diesen Mut – fünf unterschiedliche Menschen zwischen 30 und 55 Jahren. Sie sitzen im Kreis um ein Gebilde aus getrocknetem Seetang, Muscheln und Steinen. In der Mitte brennt eine Kerze. Die Flamme zuckt, wenn ein Ton, ein Atemstrahl, sie trifft.
Nach Anweisung des Lehrers beginnen die Sänger mit den Übungen. Sie “atmen sich frei”, bis sie bereit sind für den “Vokalkreis”, den ihre Lippen in langsamer Buchstabenfolge formen, während ein gleichmäßig geatmeter Ton durch ihren Mund hindurch strömt: “iiiiiiii-uuuuu-ooooo”. Die bewegten Muskeln in den konzentrierten Gesichtern vibrieren. “Überprüft eure Schwingungen”, fordert Schmöckel auf. Forschend gleiten Hände der Teilnehmer über Stirn, Haaransatz, Schädel und Hinterkopf. Nicht jeder Sänger spürt die Töne am eigenen Leib.
Mit geschlossenen Augen probieren die Schüler weiter, gehen auf Entdeckungsreise ins eigene “Ich”. Fühlen, wie das gleichmäßige Summen ihren Körper in Bewegung bringt. Birgit verharrt versunken,bis die ersehnten Obertöne aus ihrem Gesang hervortreten. Die Spannung löst sich: “Ich hab sie gehört!”.
“Obertöne sind keine Besonderheit”, klärt Schmöckel seine Schüler auf. “Sie umgeben uns überall als natürliche Begleiter für jeden Klang.” Egal ob menschliche Stimme, ob Automotor oder Schlagbohrer, “Obertöne schwingen immer über dem Grundton”. Die Besonderheit bestehe darin, sie zu hören und hörbar zu machen. “Eine Kunst, die viele Naturvölker heute noch beherrschen und die auch in Europa zum Kulturerbe gehört”, sagt der Musiker und erzählt on gregorianischen Gesängen und tibetischen Mönchen, für die der soeben geübte “iu”-Klang Lebensbringer sei. “Die Tibeter haben die Vorstellung, dass der Mensch auf diesem Klang seiner Stimme über einen Regenborgen in sein irdisches Dasein rutscht.” Ein schönes Bild, findet Birgit. “Der Klang und das Leben”. Auch im Leben der Oberton-Neulinge zeigt der Gesang Wirkung. Plötzlich brennt Christels Rücken wie Feuer. Gita klagt über Herzrasen. Die Augen werden feucht. Michael dagegen fühlt sich herrlich entspannt. “Ich hab an gar nichts mehr gedacht, war total bei mir selbst”, berichtet der 43-jährige begeistert.
Dass Obertöne das Tor zur Seele aufstoßen können, weiß Thomas Heinrich Schmöckel. Diese Wirkung setzt er bewusst ein, wenn er Menschen “besingt”. Dann bringt allein seine Stimme den vor ihm Liegenden “oft in einen traumähnlichen Zustand” oder fördert “längst Vergessenes zutage.”
Trotz der Jahrhunderte alten Tradition beschäftigen sich nur wenige Menschen mit dieser Form der Musik. Selbst Kritiker geraten beim Thema “Oberton” auf dünnes Eis. Ein Rezensent habe nach einem Konzert einmal vermerkt: “Schade, dass der Flötenspieler sich dem Publikum nicht gezeigt hat”, erzählt Schmöckel und lacht.
Um was es bei der Obertonmusik tatsächlich geht, ist schwer zu erklären. “Das musst du selbst erfahren”, sagt Michael. Er versucht zu beschreiben, was er eben erlebt hat. Eine schwierige Aufgabe, denn “das hat viel mit meinen inneren Räumen zu tun.” Nur eins steht für ihn fest: “ich nehme Stimmen und Klänge auf einmal ganz anders wahr.”
ObertonArt nach dem Konzert in St. Jürgen Flensburg